|

Strafverfahren endet mit Freispruch

Im Strafverfahren wegen angeblicher Auflagenverletzungen während der letztjährigen Demonstration wurde heute der Initiator der Fuckparade, Martin Kliehm, auf übereinstimmenden Antrag von Staatsanwaltschaft und Verteidigung freigesprochen. Der Staat trägt die Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen des Angeklagten (Amtsgericht Berlin Tiergarten, 254 Cs 4/03). Auch das Gericht kritisierte die Institutionalisierung der Justiz für verfahrensfremde Zwecke des Verwaltungsrechts.

Während der Zeugenvernehmungen zeigte sich die Absurdität der Vorwürfe: Von 50-70 durchgeführten Dezibel-Messungen im Laufe der Demonstration waren lediglich zwei (!) geringfügig lauter als 85 db (A), aber weit unterhalb der genehmigten Spitzenwerte von +30 db (A). Die Auftakt- und Schlußkundgebungen waren laut Polizeiprotokoll nur wenige Minuten kürzer als geplant, und selbst wenn Redebeiträge ausgefallen wären, würde dies keinen Straftatbestand und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen. Der Veranstalter hatte nachweislich keinen Alkohol an Versammlungsteilnehmer ausgeschenkt, und der private Konsum von Alkohol mit mitgebrachten Getränken oder aus umliegenden Cafés und Restaurants kann weder dem Veranstalter angelastet werden, noch wäre ein Konsumverbot verfassungsrechtlich möglich.

Bezeichnend war der Zeugenauftritt des Leiters der Versammlungsbehörde, Herrn Haß. Seine Darstellung der Demonstration – hunderte betrunkene, aggressive Teilnehmer, die stets zu laut dröhnende Wagen umtanzten, nicht erkennbare Transparente, unverständliche Redebeiträge von einer ungewissen Anzahl Redner – läßt sich freundlich ausgedrückt als „verfremdend“ bezeichnen. Diese tendenziöse Anti-Haltung der Behörde zieht sich von der Anmeldung bis zur nun gescheiterten Anzeige wie ein roter Faden durch. Wir halten Herrn Haß für befangen und können uns Kooperationsgespräche unter seiner Leitung nicht vorstellen.

Der Ausgang dieses Prozesses muß ein Signal sein für die Politik der Stadt und ihren Umgang mit dem Grundrecht Demonstrationsfreiheit. Es muß Konsequenzen für zukünftige Demonstrationen haben, nicht nur für die Fuckparade. Es muß ein Ende haben mit absurden Auflagen, Radioverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen für Skater-Demos!

Hintergrund:

Die Fuckparade (in einem Wort geschrieben) gibt es seit 1997, damals noch unter dem Namen „Hateparade“. Sie hat ihre Wurzeln in der Clubkultur und tritt seitdem u.a. für eine veränderte Politik in der Stadtentwicklung und im Umgang mit (sub-) kulturellen Minderheiten ein. Auf der Fuckparade waren auch vielfältige Gruppen und Projekte elektronischer Musik vertreten, von Hardcore bis House, aber auch Punk-Bands.

Kontakt

Martin Kliehm (DJ Trauma XP)
berlin@fuckparade.org, www.fuckparade.org