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Demos nur noch in Nebenstraßen

Leserbrief zum Artikel der Berliner Morgenpost „Weniger Protestmärsche durch die Innenstadt“ vom 23.12.2003:

Das Demonstrationsrecht ist eines der grundlegenden und wichtigsten Rechte unserer Demokratie. Sein Ziel ist es, dem Bürger eine Stimme zu verleihen, Öffentlichkeit zu erreichen. Welche Öffentlichkeit wird man erreichen, wenn Demonstrationen nur noch in Nebenstraßen ablaufen, wenn Tierschützer nicht mehr vor Pelzgeschäften demonstrieren dürfen, Studenten nicht mehr an öffentlichen Plätzen?

Ausgerechnet die Versammlungsbehörde torpediert seit Jahren das Versammlungsrecht. Ob es um Geschwindigkeitsbeschränkungen für Skaterdemos geht, Spaßbremsen für die Fuckparade oder um unliebsame Proteste gegen den Irak-Krieg und den Bildungsbankrott. Nun wird sogar Front gegen eine ganze junge Generation gemacht. Ziel der Behörde scheint nicht der Schutz, sondern die schrittweise Abschaffung dieses hohen Rechts zu sein, und es wird Schönbohm bis Körting eingeredet, hier müsse wieder etwas beschnitten und eingespart werden.

Gerne werden da häßliche Skins am Holocaust-Mahnmal vorgeschoben, das will schließlich keiner. Aber so weh es tut: eine Demokratie muß selbst das verkraften, Autofahrer müssen im Stau stehen und Pelzhändler auf dem Kudamm sich Proteste von Tierschützern gefallen lassen. Das sind minimale Beeinträchtigungen gegenüber dem Wert der Demonstrationsfreiheit und ihrer Bedeutung für unsere Demokratie! „Wir sind das Volk“ gibt es dann nicht mehr. In Zukunft wird keiner mehr auf die Straße gehen, sondern nur noch auf den Bürgersteig.

Spart Euch den Hass und seine Bürokraten, spart Euch die massive Polizeipräsenz bei friedlichen Demos, laßt die Hundertschaften zuhause. Aber spart nicht an Freiheit, Toleranz und Bildung!

Martin Kliehm (DJ Trauma XP)
trauma@fuckparade.org, www.fuckparade.org