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Anmeldebestätigung für Fuckparade-Demo eingetroffen

Limitierung auf drei Musikwagen, Musikverbot für Radios

Zwei Tage vor dem Start der Fuckparade haben wir die Bestätigung für die Demonstration erhalten. Nach zähen Verhandlungen kam es zum Zugeständnis der Versammlungsbehörde: Die Fuckparade wird als Demonstration mit Musik als ein Mittel der Meinungskundgabe stattfinden, allerdings nur von drei Wagen aus.

Es gibt von 15-16 Uhr eine Auftaktkundgebung am Bunker in der Reinhardtstraße (Mitte) mit Redebeiträgen aus der Clubszene und Politik sowie gegen 19 Uhr die Abschlußkundgebung am Roten Rathaus. Dazwischen und bis zum Ende um 20 Uhr werden unsere DJs und Musiker ihren Protest mit den ihnen eigenen künstlerischen Mitteln ausdrücken.

Wir sehen dieses Zugeständnis der Behörde als Schritt in die richtige Richtung und halten fest, daß Musik nicht immer gleichbedeutend sein muß mit Unterhaltung. Die Demonstrationskultur ist seit den Tagen der 68er Studentenbewegung kreativer geworden, bildlicher. Demonstrationen vermögen alltägliche Dinge in einen neuen Zusammenhang zu stellen: Sitzen wird zur Sitzblockade, Kerzen werden zu Lichterketten, die inhaltlichen Aussagen von Rap und Samples treten in den Vordergrund. Musik wird zur Meinungskundgabe im Zusammenspiel mit den klassischen Protest-Elementen der Transparente, der Flugblätter, der Demo-Zeitungen.

Wir geben uns mit dem Kompromiß aber keineswegs endgültig zufrieden; unsere Klagen vor dem Berliner Verwaltungsgericht zum Demostatus der Fuckparade und zum Radioverbot sind seit August 2001 anhängig, Verhandlungstermine stehen noch nicht fest. Wir sind weiterhin der Meinung, daß der Gesamteindruck aller Protestelemente zählt und daß eine isolierte Bewertung einzelner Elemente, wie sie die Versammlungsbehörde vornimmt, nicht statthaft ist.

Berlin muß lernen, mit seiner Rolle als Hauptstadt auch in Grundrechten wie der Demonstrationsfreiheit besser umzugehen. Berlin hatte im Vorjahr 2440 Demonstrationen zu bewältigen (Bericht der Berliner Morgenpost vom 9. Juli 2002), worunter auch kleinste Proteste mit ein paar Personen fallen. Großdemonstrationen gibt es nur wenige.

Das wesentlich kleinere Bonn verzeichnete zu Hauptstadtzeiten jährlich etwa 500 Demonstrationen, d.h. Bonn schaffte es, mit 2,4 mal mehr Demonstrationen pro Kopf klarzukommen. Wie haben die das gemacht? Wenn Ex-Innensenator Werthebach, Jetzt-Innensenator Körting und der Leiter der Versammlungsbehörde Hass einstimmig von einer „Demonstrationsflut“ sprechen und im gleichen Atemzug Verkehrsbehinderungen, Kosten und Überstunden der Polizei als aufzurechnende Werte nennen, tritt das eines unserer demokratischen Grundrechte mit Füßen! Die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit kann nicht die Lösung für mangelhafte Verkehrskonzepte und strukturelle Probleme der Polizei sein!

Unterdessen kündigte der Einsatzleiter der Polizei an, Radiogeräte wie im letzten Jahr sicherstellen zu wollen. Auf Anordnung der Versammlungsbehörde waren damals elektronische Abspielgeräte vom Walkman bis zum Ghettoblaster in Verwahrung genommen worden. DJ Tanith sprach später von „talibanartigen Zuständen“.

Unser Vorschlag: Überstunden abbauen, indem man unsinnige Auflagen abschafft.

Hintergrund

Die Fuckparade (in einem Wort geschrieben) gibt es seit 1997, damals noch unter dem Namen „Hateparade“. Sie hat ihre Wurzeln in der Clubkultur und tritt seitdem u.a. für eine veränderte Politik in der Stadtentwicklung und im Umgang mit (sub-) kulturellen Minderheiten ein. Auf der Fuckparade waren auch vielfältige Gruppen und Projekte elektronischer Musik vertreten, von Hardcore bis House, aber auch Punk-Bands.

Anders als für die Love Parade steht für uns die politische Artikulation und Wahrnehmung unserer Demonstrationsfreiheit im Vordergrund, darum kommt eine Durchführung als „Straßenfest“ (mit einer Sondernutzungsgenehmigung) nicht in Betracht.

Kontakt

Martin Kliehm (DJ Trauma XP)
berlin@fuckparade.org, www.fuckparade.org